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Schimmel im Essen

Teil 1 – zwischen Edel und Ekel

Eine grüne Insel auf der Marmelade, ein weißer Puderfleck an der Zitrone, ein grauer Flaum auf den Beeren – daran denken wir beim Stichwort Schimmel im Essen. Doch der meiste Schimmel ist »unsichtbarer Schimmel«. Er steckt im(!) Essen, nicht auf dem Essen. Für viele von uns beginnt deshalb schon ein ganz normaler Tag mit schimmelbelastetem Essen. Im Brötchen und im Morgenkaffee, im Schokoaufstrich und in der Milch … überall stecken Schimmel und Schimmelgifte. In diesem ersten Teil fasse ich die Grundinformationen rund um Schimmel in Nahrungsmitteln zusammen. Ein zweiter Teil über die Beschwerden und Möglichkeiten folgt in Kürze.


Schimmel wirkt vierfach schädlich

… durch Schimmelgifte (Mykotoxine)

Der Gehalt an Mykotoxinen schwankt deutlich in Abhängigkeit von Anbaubedingungen, Schimmelpilzarten, Nahrungsmittel, Verarbeitungsbedingungen und Lagerung. Etwa 20 Mykotoxine kommen häufiger in Nahrungsmitteln vor. Dabei sind hierzulande besonders Getreide, Kaffee, Kakao, Gewürze, Nüsse, Erdnüsse, Trockenfrüchte häufig belastet. Mykotoxine werden im Darm rasch resorbiert und entfalten eine komplexe Giftigkeit.

… durch maskierte Schimmelgifte (Maskierte Mykotoxine)

Wenn Pflanzen Schimmelgifte aufnehmen, dann entgiften sie diese, indem sie sie in Zucker einbetten. Ein Teil der Schimmelgifte liegt deshalb als Glykoside in der Nahrung vor – als »maskierte Mykotoxine« bezeichnet. Werden die Glykoside im Dickdarm verdaut, werden die Mykotoxine wieder freigesetzt.  Die dabei beteiligten Zuckerstoffe sind die FODMAPS. Diese Zuckerstoffe führen bei Darmempfindlichen regelmäßig zu Problemen. Bislang wird dies auf die Wirkung der Zucker zurückgeführt. Tatsache ist jedoch, dass in den FODMAPS Mykotoxine enthalten sind. Meine Praxisbeobachtungen decken sich weit mehr mit den erwartbaren Mykotoxinwirkungen als mit Wirkungen durch Zucker.

… durch biogene Amine

Schimmel zersetzen auch Eiweiße zu biogenen Aminen. Besonders Histamin und Tyramin werden gebildet. Deshalb fallen auch die Edelschimmelkäse durch hohe Tyramingehalte auf. Migräne, Kopfschmerz, Magen-Darm-Probleme können davon ausgelöst werden. Mehr zu diesem Aspekt finden Sie im Beitrag Tyraminintoleranz

… durch Allergene

Schimmelpilzallergien werden allgemein als Allergie gegen Schimmelsporen in der Luft (Inhalationsallergie) aufgefasst. Häufig kommt es dann auch zu Reaktionen auf Schimmel im Essen. Doch ist auch eine direkte Sensibilisierung möglich. Da biogene Amine und Mykotoxine zusätzlich Allergien provozieren, kommt es bei entsprechender Neigung relativ rasch zu allergischen Reaktionen.

Schimmelgifte (Mykotoxine)

Mykotoxine sind vor allem chronisch giftig. In den Dritte-Welt-Ländern leiden ganze Bevölkerungsschichten an Erkrankungen durch Schimmel im Essen. In Westafrika stirbt z. B. jeder 10. Mann an Leberkrebs durch Aflatoxine. Kinder leiden an Kwashiorrkor und Auszehrung durch Schimmelgifte. Auch Beri-Beri, Pellagra, Alimentäre Toxische Aleukie (ATA) und weitere Erkrankungen sind inzwischen als Schimmelgifterkrankungen (Mykotoxikosen) erkannt worden. Dank der Mykotoxin-Höchstmengenverordnung bleiben uns solche Verhältnisse erspart.

Allerdings entschwindet uns durch eben diese Verordnung einmal mehr der Schimmel aus dem Blick. »Das Erkennen der Schadwirkungen durch Mykotoxine ist schwierig, da selten typische Erkrankungsbilder ausgelöst werden und chronische Leistungs- und Gesundheitsdepressionen dominieren.« (Länderübergreifende Zusammenarbeit der Landesanstalten für Landwirtschaft – Schimmelpilze und Mykotoxine in Futtermitteln).

Grundsätzlich gelten Mykotoxine als abwehrschwächend, nieren-, nerven- und lebergiftig sowie allergisierend, teils auch krebserregend. Zearalenon (ZEA) wirkt zudem wie Östrogen. Auf höhere Mykotoxingehalte reagieren Tiere mit Durchfall, Infektanfälligkeit, Fortpflanzungsstörungen, Wachstumsstörungen, Nierenschäden uam. Probleme durch niedrige Mykotoxinbelastungen werden in der Pferde- und Schweinehaltung näher beschrieben, so dass man die Wirkungen auf den Menschen abschätzen kann.

Derzeit wird ja so getan, als ob es Probleme durch die Mykotoxin-Höchstmengenverordnung nicht gäbe. Dabei äußern sich diverse Experten seit Jahrzehnten kritisch über die Belastungssituation weltweit. Inzwischen beziehen wir große Teile unseres Essens aus warmen Ländern. Eine Testung findet nur auf wenige Mykotoxine statt. Maskierte Mykotoxine werden gar nicht erfasst. Dadurch ist wesentlich mehr Schimmelgift in unserem Essen als tolerierbar. Dies wird sich künftig weiter verschärfen durch Globalisierung, Klimawandel und moderne Anbaumethoden.

Denken Sie an Mykotoxine bei

  • Reizdarm / Reizmagen
  • krampfartige Magen-Darm-Störungen
  • Unverträglichkeit gegen Speisepilze
  • Tyraminintoleranz
  • Histaminintoleranz (HIT)
  • Intoleranz gegen Weizen während Dinkel (einigermaßen) vertragen wird
  • Glutensensitivität
  • chronischer Eisenmangel
  • Prämenstruelles Syndrom
  • Zyklus- und Fruchtbarkeitsstörungen, Unfruchtbarkeit
  • Schwellungen der weiblichen Geschlechtsorgane
  • Eierstockzysten
  • deutlich wechselnde Bekömmlichkeit von Speisen
  • deutlicher Widerwille, Allergie oder Intoleranz gegen Problemnahrungsmittel wie
    • Hefe und Speisepilze (vermutlich durch Kreuzreaktionen)
    • Käse, besonders Schimmelkäse
    • Milch und Milchprodukte
    • Schokolade
    • Kaffee
    • Pfeffer
    • Rooibush
    • Oliven
    • Eier und Geflügelfleisch (vermutlich durch Carry-over aus Getreide)

Wie kommt der Schimmel ins Essen?

Schimmel in Nahrungsmitteln ist ein weltweites Problem. Schimmelpilze bilden sehr dauerhafte Sporen, die sich über die Luft verbreiten. Nahrungsmittel in dichtschließende Gefäße zu geben kann also helfen, Sporen zu verhindern. Doch sobald es etwas feucht, ausreichend warm ist, und etwas Sauerstoff vorhanden ist, keimen die Sporen im Nahrungsmittel aus. Entsprechend kann auch gut Verpacktes schimmeln.

Schimmelpilze können so einiges verwerten. Doch hat jeder Schimmel auch seine eigenen »Ernährungsvorlieben«. Dadurch gibt es für jedes Nahrungsmittel typische Schimmelarten. So befällt der Grauschimmel (Botrytis cinerea) gerne Früchte wie Tomaten, Erdbeeren und Trauben; im Allgemeinen bereits auf dem Feld. Im Haushalt werden scheinbar intakte Früchte dann über Nacht matschig-faulig. Auch der Gemeine Brotschimmel (Rhizopus stolonifer) befällt Früchte. Auf dem Brot hingegen gesellt er sich zum Gießkannenschimmel (Aspergillus sp.) und einigen anderen Arten. Die Sporen kommen dabei über das Getreide wie auch über die Brotmaische ins Brot. Schimmelsporen sind sehr widerstandsfähig und überleben das Backen durchaus.

Grundsätzlich unterscheidet man drei Wege, wie Schimmel und ihre Gifte ins Essen kommen.

Primärkontamination

Bereits während des Wachstums befallen Pilze die Pflanzen. So sind Fusarien ein ganz grundsätzliches Problem im Gemüse- und Getreideanbau. (Mehr dazu in Kürze unter Schimmel und Getreide – ziemlich beste Freunde). Auch wenn auf dem Geernteten selbst kein Schimmel erkennbar ist, kann die Ernte dennoch deutlich belastet sein. So findet sich in Brot und anderen Backwaren regelmäßig Ochratoxin A. In Fruchtsäften findet sich Patulin aus angefaulten Früchten. In Erdnussbutter findet sich meist Aflatoxin von angeschimmelten Erdnüssen. Im fertigen Produkt sieht und schmeckt man die Schimmelbelastung jedoch nicht.

Sekundärkontamination

Bei der weiteren Verarbeitung, Lagerung oder beim Transport kann natürlich ebenfalls Schimmel auftreten. Grundsätzlich ist alles Fermentierte/Nassaufbereitete aus warmen Regionen sehr schimmelgefährdet. Durch Feuchtigkeit und tropische Temperaturen ist Schimmel hier ein Dauerthema. So wurden in einer spanischen Studie auch in praktisch allen Kaffees Pilzgifte gefunden.

Ähnliche Probleme gibt es auch bei weißem Pfeffer, Schwarztee, Rooibush-Tee und Kakao.
Bei Kaffee und Kakao beginnt das Schimmelproblem schon bei der (Nass-)Aufbereitung und setzt sich dann auf dem Weg zur Rösterei fort. Nach dem Rösten ist davon natürlich nichts mehr zu schmecken. Auch in der geliebten Schokolade ist vom Schimmel kaum noch etwas wahrzunehmen. Die schädigende Wirkung bleibt natürlich.

Schwarztee und Rooibush werden fermentiert. Dabei werden die Blätter gerollt und breit aufgehäuft, um enzymatische Prozesse in Gang zu bringen. Schwarztee und Rooibush erhalten so ihr typisches Aroma. Natürlich kommt in den feucht-warmen Kräuterlagen auch das Schimmelwachstum in Gang.

Carry-over

Wird Schimmelbelastetes wie Getreide, Ölpresskuchen, Kleie, Silage, an Tiere verfüttert, dann nehmen die Tiere die Mykotoxine auf. Schlachtfleisch, Eier und Milchprodukte sind deshalb auch eine Quelle für Mykotoxine. Leider gibt es für Mykotoxine in der Tierfütterung nur Richtwerte für wenige Mykotoxine. So begrenzen vor allem die Verluste in der Tiermast die Verfütterung von schimmelbelastetem Futter. So bestätigt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, dass insbesondere Schweine betroffen sind von Vergiftungserscheinungen. Nun ist der Mensch dem Schweineorganismus am ähnlichsten von den Haustieren.

Globalisierter Schimmel

Über unser Essen vernetzen wir uns mit weltumspannenden Strukturen. Besonders am Thema Schimmel wird dies deutlich. So haben wir Teil an der Armut anderer Länder über deren verschimmelte Ernten, die schließlich unsere Tiere fressen. Die EU-Kommision sieht die Mykotoxine im Fleisch nur als »unwesentliche Exposition«. Nun führt bereits dieser kleine Teil der Wahrheit bei mir selbst und anderen Personen zu ersten Beschwerden.

Um wie viel bedeutsamer ist also die tägliche Belastung durch konventionelle Backwaren? Als zentrale Herausforderung wird die Verpilzung des Getreides angesehen, ohne dass es Konzepte zur Vermeidung gäbe. Die moderne Landwirtschaft bereitet dem Schimmel schon auf dem Acker den Boden. Durch Herbizide wird die Bodenflora geschädigt. Bakterien und Kleinstlebewesen sind jedoch die wichtigsten Gegenspieler der Schimmelpilze. Durch die Maschinen sind die Landwirte gezwungen, sich immer mehr zu spezialisieren. Eine sinnvolle Fruchtfolge gibt es deshalb kaum noch. Mithin verpilzen die Felder immer mehr und bereits die Böden sind mit Mykotoxinen belastet. Die Pflanzen nehmen die Mykotoxine bereits aus dem Boden auf. Durch die Klimaveränderungen wird sich die Situation weiter verschlechtern (efsa – Mycotoxins and climate – How Europe contributes to global efforts, 2017; Videobeitrag mit deutschen Untertiteln).

Biobauern haben die Schimmelpilze besser im Griff. Doch auch hier gibt es die »Schimmel-Problemzonen« Getreide, Kaffee, Kakao, Tee, Trockenfrüchte, Gewürze grundsätzlich. Was also tun?

Mehr über die Beschwerdebilder und unsere Möglichkeiten in Kürze im Teil 2 sowie im Beitrag Schimmel und Getreide – ziemlich beste Freunde.

 

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Tyraminintoleranz https://varzeamilagrosa.com/tyraminintoleranz/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=tyraminintoleranz https://varzeamilagrosa.com/tyraminintoleranz/#comments Fri, 03 Apr 2020 16:08:19 +0000 https://ernaehrung-heilen.de/?p=2622 Käse und Kopfschmerz – die Tyraminintoleranz Wer mit unklaren Bauchbeschwerden nach »seiner Intoleranz« sucht, wird spätestens bei der Tyraminintoleranz an sich selbst zweifeln … oder an seinem Heilpraktiker. Nach einem Blick ins Internet habe ich mich nun daran gemacht, dieses »Bauchweh-Thema« verdaulich zu machen für Sie und meine Klienten. Käse macht Kopfschmerz Die Tyraminintoleranz wird […]

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Käse und Kopfschmerz – die Tyraminintoleranz

Wer mit unklaren Bauchbeschwerden nach »seiner Intoleranz« sucht, wird spätestens bei der Tyraminintoleranz an sich selbst zweifeln … oder an seinem Heilpraktiker. Nach einem Blick ins Internet habe ich mich nun daran gemacht, dieses »Bauchweh-Thema« verdaulich zu machen für Sie und meine Klienten.

Käse macht Kopfschmerz

Die Tyraminintoleranz wird mit der Histaminintoleranz (HIT) in einem Atemzug genannt. Das geschieht so konstant, dass selbst Suchmaschinen die beiden Intoleranzen gleichsetzen. Liest man dann Beiträge, dann erfährt man, dass die Tyraminintoleranz sehr selten sei. Dabei gibt es Zahlen zur Häufigkeit (Prävalenz) gar nicht.

Geradezu ein Muss scheint zu sein, dabei über den Cheese-Effekt (Bluthochdruckkrisen durch Käse und Medikamente) zu berichten. Dies ist jedoch eine Medikamentennebenwirkung. Manchen Autoren ist selbst der Unterschied zwischen Intoleranz und Allergie noch unklar. Käse – geschriebener wie essbarer – kann also Kopfschmerzen bereiten.

Auch für mich ist der Diskurs zwischen Fachliteratur und Praxiserfahrung hier ein Weg zwischen Skylla und Charyptis. Das gängige Konzept der Tyraminintoleranz ist nämlich auch noch in sich widersprechend. Es reicht also nicht »gut informiert« zu sein. Es braucht ein Neuordnen der Teile.

Von der Tyraminintoleranz zur Monoaminintoleranz

Zunächst erleichtert eine sinnvolle Bezeichnung das Verständnis. Tatsächlich beruht die Tyraminintoleranz auf einer Schwäche des Enzyms Monoaminooxidase A (MAOA). Die MAOA oxydiert jedoch außer Tyramin eben auch andere Monoamine. Deshalb bewirken diese (Tryptamin, Serotonin, Melatonin, Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin) ebenfalls gleichartige Beschwerden. Daher schlage ich vor, von einer »Monoaminintoleranz« anstelle der Tyraminintoleranz zu sprechen.
Die Beschwerden sind vielgestaltig. Sie reichen von Migräne und Kopfschmerz über anfallsartige Müdigkeit, Juckreiz, Menstruationsbeschwerden, Angstattacken, Magen-Darm-Störungen, Blutzuckerschwankungen, Depressivität, …

Bluthochdruckkrisen durch eine Monoaminintoleranz (=Tyraminintoleranz) sind mir hingegen in über dreißig Jahren Praxis nicht untergekommen. Auch in der Fachliteratur wird dies nur im Zusammenhang mit dem Cheese-Effekt oder Kaffee-Abusus beschrieben.

Solche Bluthochdruckkrisen treten auf, wenn die MAOA weitgehend inaktiviert wird bzw. sehr große Mengen an Tyramin und anderen biogenen Aminen aufgenommen werden. Dieses Geschehen gehört mithin zur Tyraminvergiftung und ist sehr untypisch für die Tyraminintoleranz. (Mehr unter Cheese-Effekt)

Woher kommen die Monoamine

Monoamine sind in Spuren ein ganz natürlicher Bestandteil unserer Nahrung. Sie werden jedoch stark vermehrt durch Verarbeitung und Lagerung. Die gleichen Monoamine werden auch vom Körper erzeugt und dienen unserer Körperkommunikation. Sowohl die körpereigenen als auch die nahrungsbürtigen Amine haben deshalb einen »Informationsgehalt« für unseren Körper. Jedes Zuviel dieser Stoffe verursacht ein »Kommunikations-Chaos«. Damit eine sinnvolle Kommunikation im Körper möglich ist, müssen die Monoamine deshalb systematisch abgebaut werden. Dies leistet die Monoaminooxidase (MAO) und ein paar weitere Enzyme, die demselben Zweck dienen.
Nun gibt es genetisch bedingte Unterschiede (Polymorphismen), die sich in einer unterschiedlichen Abbauleistung zeigen. Von einer geringeren Leistungsfähigkeit der MAOA sind entsprechend alle Monoamine betroffen.

Die weiteren Enzyme sind insbesondere die Diaminooxidase (DAO), die Histamin-N-Methyl-Transferase (HNMT) und die Catechol-O-Methyl-Transferase (COMT). Insbesondere die DAO ist für die Beschwerden von Bedeutung. Die DAO ist im Darm das Enzym, das neben der MAOA biogene Amine abbaut, darunter auch das Histamin. Dabei baut auch die DAO bevorzugt die anderen Monoamine ab und erst in zweiter Linie das Histamin. Dadurch erhöht sich bei einer Abbauschwäche der MAOA auch die Histaminaufnahme in den Körper. Entsprechend überschneidet sich die Monoaminintoleranz (=Tyraminintoleranz) mit dem Erscheinungsbild der Histaminintoleranz.

Warum kommt es zu Beschwerden bei der Monoaminintoleranz?

Die erste wichtige Enzymbarriere gegen Bioamine aus der Nahrung bilden die MAOA und die DAO in der Schleimhaut des Dünndarms. Was dort nicht abgebaut werden kann, wird über die Pfortader der Leberentgiftung (2. Enzymbarriere) anvertraut. Dort bewirken MAOA und andere Enzyme den Monoaminabbau. Wenn diese zweite Enzymbarriere ebenfalls nicht ausreichend ist, kommt es zu Symptomen, wobei jeder Betroffene ein eigenes Beschwerdemuster hat.

  • Migräne bzw. Kopfschmerzen
  • Durchblutungsstörungen
  • Menstruationsbeschwerden
  • unbestimmte Bauchbeschwerden, insbesondere Druck im Oberbauch nach Mahlzeiten
  • Gichtanfälle, Gelenksschmerzen
  • grundlose Müdigkeit, Leistungseinbrüche
  • Blutzuckerschwankungen
  • Schwankungen der Sehleistung
  • Angstattacken, Depressivität
  • Herzbeklemmung
  • weitere Beschwerden sind möglich

Die Symptome treten jeweils mit einer Zeitverzögerung zur Aufnahme der kritischen Nahrungsmittel auf. So ist die Migräneattacke ein bis zwei Tage nach dem Käse ein typisches Muster. Gelegentlich ist kein zeitlicher Zusammenhang erkennbar. Auch eine Verbindung mit körperlicher Anstrengung oder dem Zyklus tritt auf.

Die Beschwerden überschneiden sich mit denen einer Histaminintoleranz. Dies ist schon allein dadurch bedingt, dass eine Tyraminintoleranz eine Histaminintoleranz nach sich zieht. Auf der Ebene der Symptome allein kann man diese beiden Intoleranzen daher nicht unterscheiden. Die Unterscheidung gelingt durch den detaillierten Abgleich auslösender Nahrungsmittel, Beschwerdemuster, anderer Auslöser. Bestätigt wird der Verdacht durch den Kostversuch.

Unterschiede zur Histaminintoleranz

Folgendes weist eher auf eine Tyraminintoleranz hin:

  • Ananas, Avokados, Mangos, Bananen werden mit zunehmender Reife schlechter toleriert
  • gereifter Käse und Rohwürste machen mehr Beschwerden als Fisch
  • Sensibilität gegen Schimmel in jeder Form (Edelschimmelkäse, luftgetrocknete Salami, Kaffee, Schwarztee, Oliven, Walnüsse, … )
  • auch frischer Thunfisch (Sushi-Qualität) wird eher schlecht toleriert
  • Milchsauerprodukte (Joghurt, Quark, Kefir, …) werden schlecht toleriert
  • es bestehen keine Nahrungsmittelallergien
  • die Beschwerden weisen auf eine Noradrenalinbeteiligung hin

MAO-Hemmer (MAOI)

Die Natur ist vielgestaltig und so gibt es auch hemmende und fördernde Faktoren in diesem Geschehen. Die Schulmedizin setzt MAOA-hemmende Substanzen als Psychopharmaka ein. Auch andere Medikamente und gängige Rauschdrogen wie Amphetamine und Kokain wirken in dieser Weise. Im Alltag begnügen wir uns meist mit deutlich sanfter wirkenden Substanzen wie Koffein, Muskat, Kurkuma, Zigarettenrauch.

Schutzfaktoren gegen Monoaminie

Nach MAO-fördernden Substanzen sucht man vergeblich im WWW. Wissenschaftlich bestätigt ist, dass bestimmte Flavonoide eine verstärkte Bildung von Entgiftungsenzymen im Darm bewirken. Andererseits scheinen einige Flavonoide auch MAOA-hemmend zu wirken.
Daneben gibt es Polyphenoloxidasen (PPO). Diese Enzyme können direkt biogene Amine im Darm abzubauen. Sie kommen in vielen Wildpflanzen vor und bewirken das Bräunen von verletzten Stellen. So ist auch die Bräunung eines angeschnittenen Apfels durch PPOs hervorgerufen. Je schneller und stärker diese Bräunung eintritt, desto mehr bzw. aktivere PPOs sind enthalten. Polyphenoloxidasen sind übrigens hitzeempfindlich.

Übersetzt in Ernährungsempfehlungen heißt dies: stark rote und schwarzrote Früchte wie Kirschen, Wildheidelbeeren oder Aroniabeeren schützen über Anthozyane. Auch Brennnessel und Giersch haben, als Gemüse genossen, einen deutlich spürbaren Schutzeffekt. Auch stark bräunende Nahrungsmittel wie Alte Apfelsorten bzw. Heilpflanzen wie Pestwurz sind unterstützend.

Als kleinen Nothelfer kann ich Ihnen mein Blutwurz Compositum empfehlen. Das Rezept finden Sie in unserem Buch Ernährung für Hochsensible (Gräfe und Unzer, 2019).

Und nun – was esse ich jetzt bei Monoamin-Intoleranz (=Tyraminintoleranz)

Die zielführenden Ernährungsstrategien lauten:

  • Minimieren Sie Monoamine einschließlich Tyramin und Histamin sowie MAO-Hemmstoffe.
  • Meiden Sie alle Nahrungsmittel, die mit Schimmel gereift oder sonstig kontaminiert sind. (Mehr dazu unter Gar nicht edel – Schimmel im Essen)
  • Nutzen Sie die Schutzmöglichkeiten.

Monoamine entstehen vorwiegend aus Eiweißen durch Gärung, Fermentation, Lagerung, Reifung oder Alterung. Besonders problematisch sind dabei alle Produkte mit Schimmelpilzen sowie tyrosinreiche Nahrungsmittel, z. B. Milchprodukte.

Unser erstes Augenmerk gilt deshalb den eiweißreichen Nahrungsmitteln. Besonders monoaminhaltig sind alle Käse, Rohwürste, Schinken, Tempeh, Räucherfisch, Fischmarinaden, Fleisch mit Zartmachern. Im Käse steigen die Werte an mit zunehmender Reife. Käse mit Schimmel haben dabei jeweils höhere Werte.

Auch andere fermentierte und vergorene Nahrungsmittel sind problematisch. Dazu gehören Sauerkraut, Kimchi, Kaffee, Schwarztee, Oolongtee, Kakao und Schokolade. Fermentierte Würzen wie Sojasauce, Hefeextrakte, Miso, Worchestersauce sind ebenfalls zu beachten.

Durch Lagerung und Notreife reichern sich Amine an

Obst und Nüsse werden problematisch, wenn sie länger gelagert wurden. Cashewkerne und Erdnüsse machen auch so öfters Beschwerden. Walnüsse und Kokos sind zudem schimmelanfällig.
Daneben sind es besonders die Importfrüchte und die Nachtschattengewächse, die durch höhere Gehalte auffallen. Dabei erhöht sich der Gehalt, je reifer die Frucht. Dies scheint zu einem guten Teil dem Umstand geschuldet zu sein, dass die Früchte im Herkunftsland halbreif geerntet werden und dann auf dem Transport notreifen. Einen ganz ähnlichen Effekt kennt man von Obst aus dem Klimalager. Obschon das Obst noch sehr gut aussieht, macht es Beschwerden. Das gleiche Obst frisch gepflückt wird hingegen vertragen. Durch Lagerung und Notreife reichern sich Amine in den Früchten an. Auch bei überlagerten Kartoffeln tritt dieser Effekt auf.

Frische ist das Gebot!

Unmittelbar nach der Ernte bzw. Schlachtung ist der Gehalt an biogenen Aminen noch sehr gering. Wenn also ein Fisch aus dem Wasser kommt und geschlachtet wird, enthält er noch kein Tyramin oder Histamin. Legt man diesen Fisch nun in den Kühlschrank, so wird er schon nach wenigen Tagen zur Monoamin-Bombe. Ein Apfel, frisch vom Baum gepflückt, wird noch gut vertragen. Ein gleicher Apfel aus dem Klimalager – obschon ebenso frisch aussehend – macht Bauchschmerzen. (Mehr dazu in Allergie und Apfel)

Bei Fisch und Meeresfrüchten ist es also ratsam, direkt beim Fischer einzukaufen oder auf Tiefkühlware auszuweichen. Bei Obst und Gemüse sind bio-regionale Erzeuger die beste Wahl.

Was bleibt mir denn dann noch?

Monoamine in der Nahrung sind die Boten des Ablebens. Monoamin-Intoleranz sehe ich als eine Botschaft des Lebens, mehr Lebendigkeit und Achtsamkeit in Ihr Essen zu bringen. Und in Ihr Leben insgesamt.

  • Mehr lebendfrische Nahrung
  • Sorgfältigere Herstellung mit weniger Pestiziden
  • Mehr Hygiene – nicht zu verwechseln mit Sauberkeit (Mehr dazu unter Sauberkeit und Hygiene)
  • Sorgfältigere Aufzucht mit hochwertigem Futter
  • Mehr Vielfalt mit Kräutern und Gewürzen
  • Nicht zuletzt mehr Achtsamkeit im Umgang mit sich und den Nahrungsmitteln.

Freilich werden Sie künftig an manchem vorbeigehen, was Sie bisher geschätzt haben. Doch vor allem werden Sie künftig achtsamer wählen. Ja, Sie werden sich durchringen und eine Wahl treffen. Eine Woche Wohlbefinden wiegt stärker als ein Abend mit Rotwein und Käse. Und vielleicht ist ja immerhin ein Abend mit histaminarmem Rotwein ODER Käse möglich.

Wieviel biogene Amine im Rotwein, Käse, Rohschinken etc. enthalten sind, hängt maßgeblich von der Achtsamkeit bei der Herstellung ab. Werden faule Trauben ausgelesen? Welche Weinhefe wurde benutzt? Wird auf Schnellreifeverfahren beim Schinken verzichtet? Mit welchen Käsekulturen wurde der Käse gemacht? Aus welcher Milch? All diese Details machen einen großen Unterschied im Ergebnis.

Das Ziel ist, die Monoamine im Essen auf einen niedrigen Niveau zu halten.

Es geht nicht darum, dem Genuss zu entsagen. Vielmehr geht es darum, für Sie bekömmliche Produkte zu finden. Also »Ihren« Wein, »Ihren« Kaffee, »Ihren« Tee usw. zu finden. Sie werden künftig darauf schauen, wie engagiert und kompetent die Hersteller sind. Sie werden möglichst von bio-regionalen Erzeugern kaufen, über deren tatsächliches Tun und Lassen Sie sich informieren können. Und Sie werden manches selbst machen. Manches kann man nicht kaufen, aber selbermachen. Auch Wildsammlung wird Ihrem Speiseplan Sinnlichkeit und Sinnhaftigkeit geben. Und bitte verwechseln Sie dabei nicht Sauberkeit und Hygiene! (Beitrag in Kürze verfügbar)

Stärken Sie zugleich Ihre Enzymbarrieren durch den regelmäßigen Genuss von Wildkräutern, Wildobst und Gewürzen.

Das ist ein individueller Weg, eben Ihr Weg. Er wird Ihnen einen neuen Blick auf Essen ganz allgemein eröffnen wird. Doch werden Sie sich dabei keineswegs an den Rand der Gesellschaft begeben. Vielmehr werden Sie Menschen mit Herzblut kennenlernen, die schon vorausgegangen sind auf diesem Weg. Trauen Sie sich, mehr Ihrer Natur zu folgen. (Mehr dazu unter Ernährungsautonomie – Beitrag in Kürze verfügbar)

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