Buchweizen Archive - Várzea Milagrosa https://varzeamilagrosa.com/tag/buchweizen/ Thu, 01 Dec 2022 17:50:52 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 https://varzeamilagrosa.com/wp-content/uploads/2022/11/cropped-vm-favicon-1-32x32.png Buchweizen Archive - Várzea Milagrosa https://varzeamilagrosa.com/tag/buchweizen/ 32 32 Glutenfreie Getreide-Alternativen in der Küche https://varzeamilagrosa.com/glutenfreie-getreide-alternativen-in-der-kueche/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=glutenfreie-getreide-alternativen-in-der-kueche https://varzeamilagrosa.com/glutenfreie-getreide-alternativen-in-der-kueche/#comments Thu, 01 Dec 2022 17:48:37 +0000 https://ernaehrung-heilen.de/?p=2565 Glutenfreie Getreide-Alternativen in der Küche Viele Hochsensible profitieren von einer glutenfreien und milcheiweißfreien Kost. Und natürlich bleiben auch nach dem Buch Ernährung für Hochsensible noch Fragen und Küchengeheimnisse rund um glutenfreie Getreide-Alternativen. Dieser Beitrag ist der Beginn einer kulinarischen Reise zur glutenfreien Körnervielfalt dieser Welt. Erste Annäherungen Jedes Nahrungsmittel hat seine Vorzüge und Widerspenstigkeiten in […]

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Glutenfreie Getreide-Alternativen in der Küche

Viele Hochsensible profitieren von einer glutenfreien und milcheiweißfreien Kost. Und natürlich bleiben auch nach dem Buch Ernährung für Hochsensible noch Fragen und Küchengeheimnisse rund um glutenfreie Getreide-Alternativen. Dieser Beitrag ist der Beginn einer kulinarischen Reise zur glutenfreien Körnervielfalt dieser Welt.

Erste Annäherungen

Jedes Nahrungsmittel hat seine Vorzüge und Widerspenstigkeiten in der Küche. Das gilt im Besonderen auch für die vielen glutenfreien Getreide-Alternativen. So sind viele glutenfreie Getreide-Alternativen besonders bekömmlich. So sind beispielsweise Allergien und Unverträglichkeiten gegen Hirse oder Amaranth sehr selten. Doch wollen wir Mitteleuropäer sind nun mal unser tägliches Brot und so sollen sich auch die glutenfreien Körnchen in luftige Laibe und Wecken verwandeln. Und da verlangen sie uns dann doch einiges an Know-How und Kreativität ab. Das fehlende Gluten verlangt nach neuen Teigführungen, nach Konsistenzverbesserung usw. Und weil wir hier auch noch die Hochsensibilität mit ihren besonderen Bedürfnissen im Blick haben, braucht es zudem kleine Kniffe für eine optimale Bekömmlichkeit.

Doch gehen die Menschen seit Jahrtausenden mit den glutenfreien Zerealien und Pseudozerealien um. Und so gibt es überall in den ursprünglichen Traditionen auch wertvolle Erfahrungen. Diese als Inspirationen wertzuschätzen und in unsere modernen Lebensumstände zu übersetzen ist der Weg zum Genuss.

Getreide oder Zerealien, pseudo oder echt … was ist das?

Als »Getreide« oder »Zerealien« werden die Samen von Süßgräsern (Poaceae) bezeichnet, die gegessen werden. Je nach Kontext werden auch die Getreidepflanzen als Getreide bzw. Zerealien bezeichnet. Hierzu zählen zunächst die glutenhaltigen Brotgetreide (Dinkel, Einkorn, Emmer, Gerste, Kamut, Roggen, Triticale, Weizen). Zu den glutenfreien Getreide-Alternativen gehören Hafer, Hirse, Mais, Reis, Sorghum und Wildreis zu den Zerealien. Hingegen sind Buchweizen, Amaranth, Quinoa und Canihua keine Süßgräser. Da sie jedoch wie Getreide verwendet werden, werden sie als »Pseudogetreide« bzw. »Pseudozerealien« bezeichnet.

Eine Anmerkung: Um der Lesbarkeit willen werde ich im Weiteren nur von »Getreiden« bzw. »Zerealien« anstelle von »Getreide und Pseudogetreide« sprechen. Es sind jeweils beide Gruppen gemeint, soweit nicht besonders angegeben.

Je kleiner, desto besser – warum sind kleinkörnige Zerealien wertvoller?

Das Wertvollste am Samenkorn ist der Keim. Dort reichern die Pflanzen ungesättigte Fette, Vitamine und Schutzstoffe an, um dem Keim gute Startbedingungen zu schaffen. Das Zweitwertvollste am Samenkorn ist die Schale. Auch in der Schale konzentrieren sich wertvolle Inhaltsstoffe, um das Samenkorn gut zu schützen. Je kleinkörniger ein Samen ist, desto höher ist nun der Keim- und Schalenanteil am essbaren Anteil. Deshalb sind kleinkörnige Saaten für uns generell wertvoller als großkörnige.

Ein weiterer Grund liegt in der züchterischen Bearbeitung. Großkörnig sind die typischen Brotgetreide vor allem deshalb, weil man sie auf hohe Erträge hin gezüchtet hat. So erntet man heute etwa dreimal so viel Weizen wie Hirse von einem Feld. Sekundäre Inhaltsstoffe wurden in der Züchtung hingegen vernachlässigt. So entstanden Sorten mit großem Mehlkörper, hohem Stärkeanteil, aber wenig anderen wertgebenden Inhaltsstoffen.

Ein dritter Grund liegt in den Anbaumethoden. Stickstoffbetonte Düngung verringert den Gehalt an wertgebenden Inhaltsstoffen. Schon Prof. Werner Schuphan (Mensch und Nahrungspflanze. Der Biologische Wert der Nahrungspflanze in Abhängigkeit von Pestizideinsatz, Bodenqualität und Düngung, 1976) https://www.springer.com/de/book/9789061935575

Zu den Top Getreide-Alternativen gehören deshalb Amaranth, Quinoa, Canihua, Hirse, Sorghum, Teff, Buchweizen.

Ebenfalls glutenfrei, jedoch deutlich weniger wertvoll sind deshalb Reis und Mais. Auf den untersten Plätzen der Wertigkeit rangieren Auszugsmehle, da hier Keim und Schalenanteile abgetrennt werden.

Buchweizen – das Korn der Moorbauern, Bergler und Steppenvölker

Mein Favorit unter den Getreide-Alternativen ist der Buchweizen. Trotz dieses Namens ist er kein Getreide. Vielmehr ist er ein Knöterichgewächs (Polygonaceae) und verwandt mit Ampfer und anderen Wildkräutern. Entsprechend enthält er kein Gluten.

Der Buchweizen wurde dort zum Begleiter des Menschen, wo die Böden zu schlecht oder die Sommer zu kurz waren für Getreideanbau. Ausläufer dieser Traditionen finden wir noch in der Steiermark, in der Lüneburger Heide, in der Bretagne, in Russland, China usw. Entsprechend hat die Pflanze recht unterschiedliche Namen bekommen. Den Romanischsprachigen ist sie als Sarrazener Korn (grano saraceno, trigo sarraceno, sarrasin) bekannt, im Norden und Osten als Heidenkorn (slaw. Pohanka).

Dieses Hintergrundwissen ist mir immer wieder überaus nützlich bei der Suche nach Inspirationen. Und es hilft auch, sich mit seiner glutenfreien Ernährung weniger außerirdisch zu fühlen. Denn in diesen Regionen werden wir auch fündig nach Zubereitungsarten. So bereitet man Blinis, Lüneburger Buchweizentorte, Münsterländer Pfannkuchen mit Prütt, Galettes bretonnes und anderes mehr.

Leider darf man bereits ab 20 % Buchweizenanteil ein Brot als Buchweizenbrot bezeichnen. Ein reines Buchweizenbrot-Rezept finden Sie im Beitrag Bernhard’s Buchweizenbrot. Auch bei Blinis und Galettes bretonnes ist inzwischen oft glutenhaltiges Mehl mit im Spiel. Fragen Sie also nach!

Welcher Buchweizen wofür?

Gedarrter Buchweizen hat einen bräunlichen Grundton mit helleren und dunkleren Körnern. Ist er über offenem Feuer gedarrt worden, hat er ein leicht rauchiges Aroma, das an Grünkern erinnert. Er ist gut für alle Verwendungen, wo ein körniges Ergebnis gewünscht wird und ein herzhafteres Aroma passend ist. Man kann ihn Dämpfen, in Aufläufe und Hackbraten mischen, als Brei kochen. Gebäck gelingt jedoch nicht damit.

Ungedarrter Buchweizen hat einen leicht grünlichen Grundton. Für Gebäck ist nur dieser Buchweizen geeignet, da nur dieser gute Backeigenschaften hat.

Buchweizenmehl Gute Backeigenschaften hat nur Buchweizenmehl aus ungedarrtem Buchweizen. Es hat einen feinen Geschmack und eignet sich für leichte Teige und Massen aller Art. Vom herzhaften Brot über Kuchen bis zum süßen Gebäck, von Plinsen, über Ausbackteige und Pfannkuchen gelingt damit fast alles. Natürlich wird das Gebäck innen eine hellgraue Farbe haben, die wir als Ausdruck seiner Wertigkeit annehmen können.

Leider wird Buchweizenmehl vielfach auf Anlagen hergestellt, mit denen auch glutenhaltige Mehle hergestellt werden. Dadurch gelangt Gluten ins Buchweizenmehl. Für eine glutenfreie Kost ist deshalb darauf zu achten, dass das Mehl als glutenfrei deklariert ist.

In russischen Läden habe ich auch Mehl aus gedarrtem Buchweizen gesehen. Es hat eine leicht bräunliche Farbe und wird offenbar für Breie benutzt. Zum Backen etc. ist es jedoch ungeeignet.

Saponine reduzieren im Buchweizen

Buchweizen enthält diverse wertgebende Inhaltsstoffe, darunter nennenswerte Mengen an Rutin (Rutin content in buckwheat (Fagopyrum esculentum Moench) food materials and products). Rutin ist ein Schutzstoff für Venen und Darm.

Er enthält jedoch auch Saponine. Diese sind zwar grundsätzlich wertvoll, machen jedoch manchen Menschen Verdauungsbeschwerden. Um die Saponine zu reduzieren, kann man Buchweizenkörner blanchieren. Dazu kocht man den Buchweizen mit kaltem Wasser auf, lässt ihn kurz ziehen und seiht ab. Dann gart man die Körner in frischem Wasser fertig. Auch das Toasten in der Pfanne (trocken erhitzen ohne nennenswerte Bräunung) verbessert die Bekömmlichkeit. Was für körnig gekochten Buchweizen problemlos anwendbar ist, funktioniert bei Buchweizenmehl natürlich nicht. Beim Backen hilft eine lange Teigführung … besonders mit Sauerteig … weiter. Wenn das alles nicht funktioniert für Sie, dann ist vielleicht die nächste Getreide-Alternative ihr künftiger Favorit.

Hirse – süßer Brei und noch viel mehr

Wenn wir von »Hirse« sprechen, dann denken wir allgemein an kleine gelbliche Kügelchen, adrett verpackt. Wir ahnen kaum etwas von der Vielfalt an Hirsen, die weltweit die Teller füllen. Tatsächlich gibt es weltweit an die hundert Hirsearten, die in der Küche verwendet werden. Auch Teff, Sorghum und Braunhirse gehören dazu. Hatomugi (Hiobstränen, chinesische Perlhirse) sind noch online zu besorgen.

 

 

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Buchweizen – das Korn aus dem Osten https://varzeamilagrosa.com/buchweizen-das-korn-aus-dem-osten/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=buchweizen-das-korn-aus-dem-osten https://varzeamilagrosa.com/buchweizen-das-korn-aus-dem-osten/#respond Sun, 16 Aug 2020 18:59:33 +0000 https://ernaehrung-heilen.de/?p=2790 Buchweizen – das Korn aus dem Osten Buchweizen wird hier gerade als gesund-und-glutenfrei-Trendkost entdeckt. Dabei ist er ein uraltes Erbe der Menschheit. Warum wird uns nichts von dieser reichen Kultur erzählt? Und warum wird immer noch behauptet, dass man damit kein Brot backen könnte? In diesem Beitrag teile ich mit Ihnen die Ergebnisse meiner gastrosophischen […]

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Buchweizen – das Korn aus dem Osten

Buchweizen wird hier gerade als gesund-und-glutenfrei-Trendkost entdeckt. Dabei ist er ein uraltes Erbe der Menschheit. Warum wird uns nichts von dieser reichen Kultur erzählt? Und warum wird immer noch behauptet, dass man damit kein Brot backen könnte? In diesem Beitrag teile ich mit Ihnen die Ergebnisse meiner gastrosophischen Spurensuche rund um Heidenkorn, Hadn, Schwarzplenten, trigo sarraceno, Soba … und wie der Buchweizen sonst noch heißt.


Buchweizen – eine erste Annäherung

In Deutschland kennen wir Buchweizen als kleine kantige Körnchen in adretten PP-Packungen. Vielen Gesundheitsbewussten hierzulande ist er inzwischen bekannt und doch so kulturlos fremd. So irgendetwas Neues eben … und so kommt zuerst der Ruf nach Rezepten. Und das WWW ist voll davon. Doch Rezepte sind wie Klopapier. Man hortet sie, doch bleiben sie Fremdkörper in unserem Bewusstsein. Sie erwecken in uns kein Gespür für die Nahrungsmittel. Etwa so wie gepaukte Vokabeln in uns kein Gefühl für eine Sprache erwecken. So hindern uns die vielen wunderbaren Rezepte eher daran, kochen zu lernen und mündig zu werden. Das geistige Verdauen fehlt. Erlauben wir uns also ein Bad im Buchweizen.

Wie so oft in meinen Recherchen, so fand ich auch den Buchweizen überwuchert von endlos Abgeschriebenem, erdrückt von Halbwahrem und Halbgarem. Die am regelmäßigsten auftauchende falsche Behauptung ist, dass man mit Buchweizen alleine kein Brot backen könne. Nicht ahnend, dass es schlicht unmöglich ist, backe ich nun schon seit über 20 Jahren ein reines Buchweizenbrot (mehr dazu im Beitrag Bernhards Buchweizenbrot). Ebenso regelmäßig finden sich diverse Mythen über seine Herkunft. Begeben wir also zunächst auf eine kleine Reise zu den Ursprüngen der Buchweizenkultur.

Die Wiege des Buchweizens

Etliche Autoren sind noch auf dem Stand, dass man gar nicht so genau wisse, woher der Buchweizen ursprünglich stammt. Wikipedia-Autoren vermuten die Heimat des Buchweizens in »Zentral- bis Ostasien«.  Russische Autoren sind sich dagegen recht sicher, dass die Heimat des Buchweizens in den »zentralasiatischen Steppen und Ebenen Sibiriens« liegen muss. Wo auch sonst, ist doch »die russische Küche … ohne Buchweizen unvorstellbar«, wie zwei russische Food-Blogger erklären. Ich respektiere diese Verbeugungen vor den kleinen kantigen Körnchen. Auf der Suche nach dem wirklichen Ursprung müssen wir jedoch noch weiter nach Osten vordringen.

Ohmi Ohnishi hat die Verbreitung des Buchweizens anhand genetischer Merkmale zurückverfolgt. Nach seinen Erkenntnissen sind die Himalayahänge im Nordwesten von Yunnan die Wiege des Buchweizens (Ohmi Onishi – Search for the wild ancestor of buckwheat III. The wild ancestor of cultivated common buckwheat, and of tatary buckwheat, 1998) Von Yunnan aus reiste der Qiáo (chin.) in den Packsäcken der Händler und Reiter dann in alle Himmelsrichtungen.

Älteste Buchweizenfunde

Dazu passt es zunächst recht gut, dass es prähistorische Buchweizenfunde aus der benachbarten Region von Chamdu in Osttibet gibt. Diese Funde datieren auf die Zeit um 2600 v. Chr. und belegen den Anbau in dieser Region. Ausgehend von diesen Funden wird nun gerne gefolgert, dass Buchweizen erst seit etwa 4600 Jahren kultiviert wird. Matsuo Tsukuda et al. (Oldest primitive agriculture and vegetational environments in Japan, 1986) berichten jedoch davon, dass Soba (jap.) bereits ab 6600 v. Chr. in Japan kultiviert wurde. Dorthin kam er wiederum bereits über Handelsbeziehungen. Somit muss er in Yunnan noch deutlich früher angebaut worden sein. Damit gehört er auch zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt – ein Erbe der Menschheit.

Nach Westen gelangte der Buchweizen entlang der Seidenstraße. Mit genetischen Vergleichen der Kulturvarietäten konnte Ohnishi diese stille Wanderung nachzeichnen. Handel und Anbau gingen wohl Hand in Hand. Von den Tibetern übernahmen Kirgisen, Tadschiken und Usbeken den Anbau der Nüsschen. Im 7. – 3. Jh. v. Chr. war der Buchweizenanbau bereits bis zu den Skythen nördlich des Schwarzen Meeres vorgedrungen.

Europa und der Buchweizen

Obwohl der Buchweizen damit bereits vor der Zeitenwende an den Rändern Europas präsent war, wurde er nicht übernommen. Erst ab dem 12. Jahrhundert sickerte der Buchweizenanbau schließlich doch aus Russland über Polen nach Deutschland ein. Erstmals schriftlich erwähnt wird er gegen Ende des 14. Jahrhunderts (Leinetal, 1380, und Nürnberg, 1396). Von hier verbreitete sich das Heidenkorn allmählich nach Frankreich, Spanien und in die Alpenländer.

Ab dem 16. Jahrhundert wurde Buchweizen dann in ganz Europa dort angebaut, wo die Sommer zu kurz oder die Böden zu schlecht für Getreide waren. (Udelgard Körber-Grohne – Nutzpflanzen in Deutschland von der Vorgeschichte bis heute. Theiss, Stuttgart 1995). Auch als Zwischenfrucht wurde zeitweise gerne Buchweizen angebaut. Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft verschwand der Anbau in Deutschland jedoch wieder.

Das Korn mit den vielen Namen

Bei meinen Recherchen ist eines für mich sehr auffallend: die vielen europäischen Namen für den Buchweizen. Das ist doch verwunderlich, wo der Kraftspender der Bergler und Moorbauern allenfalls eine Randerscheinung der europäischen Esskultur sein soll. (Auch dies ist wohl nur ein Narrativ, wie ein Zeitzeugenbericht aus der Eifel zeigt.) Und doch erzählen uns diese Namen leise Geschichten darüber, wie sich die Welt in unser Essen einmischt. Und es hilft ungemein bei der Suche nach tradierten Buchweizen-Rezepten, eben diese Namen zu kennen (mehr dazu im Beitrag Buchweizen in der Küche – noch nicht verfügbar).

Heidekorn, Heidenkorn, Hoad, Hadn …

Weit verbreitet war es, den Buchweizen als heidnisch – gleich unchristlich – zu brandmarken. Noch deutlicher verweisen Namen wie Sarazenerweizen, Trigo sarraceno (span.), grano saraceno (ital.) den Buchweizen in die Welt der Andersgläubigen. Als Sarazener verstand man im Mittelalter nicht ein bestimmtes Volk. Vielmehr wurde der Begriff für Muslime ganz allgemein verwendet. (vgl. Hannes Steiner – Sarazenen, 2012) Das ist ebenso propagantistisch, als würde man heute vom »Islamistenweizen« oder vom »Verschwörungstheoretiker-Korn« sprechen.

Das aufrechte Korn

Dass ausgerechnet dieses kulinarische Kleinod in den Schmutz getreten wurde, ist natürlich kein Zufall. Das schwarze Welschkorn hat sich über die Jahrtausende sehr ursprünglich erhalten. So ist die Befruchtung des sarrasin (frz.) bis heute eine unsichere Sache und so schwanken auch die Erträge erheblich. Im Gegensatz zu den glutenhaltigen Getreiden reift der Buchweizen noch immer folgernd ab. Er muss deshalb geerntet werden, während er noch blüht. Es braucht dabei Erfahrung, um den richtigen Erntezeitpunkt zu bestimmen. Man konnte ihn also als unzuverlässig, eigensinnig, rebellisch, rückständig beschreiben.

Im Kunstmärchen »Der Buchweizen« (1862) benutzt Hans Christian Andersen diese Zuschreibungen weidlich. »Der Buchweizen neigte sich durchaus nicht, wie das übrige Getreide, sondern prangte stolz und steif. … ‚Nun kommt des Sturmes Engel geflogen! Er hat Schwingen, die reichen oben von den Wolken bis gerade herunter zur Erde, und er schlägt Dich mitten durch, bevor Du bitten kannst, Dir gnädig zu sein!‘ … Als das böse Wetter später vorbei war, standen die Blumen und das Getreide in der stillen reinen Luft ganz erfrischt vom Regen; aber der Buchweizen war vom Blitz kohlschwarz gebrannt.« Schon den bürgerlichen Kindern wurde so Untertänigkeit als angemessene Grundhaltung eingeängstigt. Wer aufrichtig bleibt wie der Buchweizen, wird von einer Allmacht bedroht. Wer sich duckt, wird belohnt.

Im Buchweizen verband sich Andersgläubigkeit mit rebellischer Gesinnung und Unzuverlässigkeit. Die Guten und Rechten aßen deshalb Brot. Diese Zuordnung ging soweit, dass auf die Buchweizenernte auch kein Zehnt abzuliefern war. Bei Hadnsterz und Schwarzplenten sammelten sich deshalb vor allem die, die sich gar kein tägliches Brot leisten konnten. Menschen, die unter schwierigen Bedingungen lebten, wurden so auch sozial ausgegrenzt. Damit hat sich eine Art Kastensystem etabliert, das die Menschen nach ihren Essgewohnheiten unterscheidet.

Das Heidenkorn ist mithin ein beredtes Beispiel, wie abendländisches Vormachtsdenken und hierarchische Strukturen auch am Esstisch festgeschrieben werden.

Der falsche Weizen

Ein zweiter roter Faden ist die Zuschreibung einer Minderwertigkeit. Türkischer Weizen, Welschkorn ist dem Weizen gesundheitlich sogar überlegen. Und doch wird hier Unechtheit – und damit Minderwertigkeit – ausgedrückt. Selbst in Buchweizen kommt das »Buch« wohl nicht von der Buche, wie allgemein behauptet wird. Im Mittelhochdeutschen heißt die Buche »buoche«, davon abgeleitet »beech« (engl. Buche). »boek« hingegen bedeutet Bock. Im Englischen »buckwheat« ist diese Wortherkunft noch besser sichtbar. Das Wort »Buchweizen« bedeutet also »Bocksweizen«, gleich »minderer Weizen«.

Dieser europäischen Geringschätzung steht die ungebrochene Wertschätzung des Buchweizens in China, Tibet, Japan, Russland, Ukraine, Polen und weiteren Regionen der Erde gegenüber (F. J. Zeller – Buchweizen (Fagopyrum esculentum Mönch): Nutzung, Genetik, Züchtung). Diverse Buchweizengerichte sind dort regional hochgehaltene Esstraditionen. Buchweizennudeln (Soba) sind sogar ein Nationalessen in Japan. Dort steht der Buchweizen für Veränderung und Soba-Nudeln werden bei wichtigen Anlässen serviert.

Buchweizen in der bildenden Kunst

Auch die europäische Kunst hat den Buchweizen über Jahrhunderte hinweg regelrecht totgeschwiegen. Auf keinem historischen Bild ist mir das markante Korn je begegnet. Auch die Pracht blühender Buchweizenfelder wurde nicht wert erachtet, gemalt zu werden. Die klassische Malerei war natürlich vor allem PR für die herrschende Klasse. Die Künstler arbeiteten im Auftrag der Adeligen, Reichen und des Klerus. Diese herrschende Schicht wollte sich sowohl von den Kleinen Leuten als auch von den konkurrierenden Mächten abgrenzen. Entsprechend wollten sie den Sarazenerweizen auch nicht an ihren Wänden haben.

Doch auch den späteren Kunstschaffenden ist das Heidenkorn noch keinen Pinselstrich wert. Dabei war der Buchweizenanbau bis Ende des 19. Jahrhundert bedeutsam in Deutschland. Er war also in den Heidelandschaften und Bergregionen häufig. Und in eben dieser Zeit entstanden zahllose bäuerliche Szenen und Landschaftsbilder. Doch der Buchweizen taucht auf den Bildern bekannter deutscher Genre-Maler nicht auf. Auch die Impressionisten sind noch vorübergegangen an der Schönheit blühender Buchweizenfelder.

Der Postimpressionismus entdeckt den Buchweizen

Dieses Schweigen der Kultur endet in Deutschland erst Ende des 19. Jahrhunderts. Inmitten der Moor- und Heidelandschaft von Worpswede war der Buchweizen allgegenwärtig. Und Malern wie August Friedrich Overbeck (Buchweizenfelder am Weyerberg, 1897 (Titelbild des Beitrags); Blühendes Buchweizenfeld, 1900) war die Anmut des blühenden Heidekorns endlich Farbe und Leinwand wert. Auch Rainer Maria Rilke erwähnt das Heidenkorn immerhin bei seinen Aufenthalten in Worpswede (Rainer Maria Rilke – Briefe und Tagebücher aus der Frühzeit 1899 bis 1902, 1933).

Anmerkung: Falls Sie Kenntnis haben von Werken europäischer Künstler, die Buchweizen abbilden, freue ich mich über Ihren Kommentar.

Im Internet habe ich eine Fotostrecke von blühendem Buchweizen in Nordvietnam entdeckt. Überzeugen Sie sich also selbst von dieser außergewöhnlichen Ästhetik.

Aktuell besinnen sich erste Bauern in Deutschland wieder auf den Buchweizenanbau. In »Mutige Bauern in der Heide« (NDR Doku, Upload 29.05.2020) wird neben anderen Projekten ein Bauer vorgestellt, der Buchweizen anbaut … leider bislang nur für seine Hühner. Immerhin gibt es auch in diesem Beitrag schöne Kamerafahrten über blühende Buchweizenfelder und einen ersten Eindruck von der Kultur.

Buchweizen in der Küchenkultur

Der Buchweizen ist uns also nicht als glorreiches Erbe der Reiter Dhingis Khans geblieben. Auch die Sarazenen haben uns nicht die braunen Nüsschen hinterlassen gleich dem Kaffee. Vielmehr ist er mühselig auf den Wagen der Händler aus dem Osten nach Deutschland gerumpelt. Still und bescheiden hat er hier den Hunger der Sandler, Bergler und Moorbauern besänftigt. Abseits der Berge und Torfstiche war er hingegen nur Streckmehl im immer knappen Brot. Behaftet mit dem Makel des Minderen und Unchristlichen wurde er hierzulande auch nicht gern gesehen auf den Tafeln der Reichen.

So fehlt den tradierten Buchweizengerichten in Europa die Finesse. Pfannkuchen, Plinsen und Grütze dominieren die regionalen Buchweizenspezialitäten; gefolgt von Panhas, Buchweizensterz und -polentagerichten. Buchweizennudeln und -gebäck sind rare Erscheinungen.

Solche tradierten Gerichte findet man heute noch in der Steiermark und Tirol, in der Lüneburger Heide, in der Eifel, im Hunsrück, in Oberfranken. Auch im Tessin, in der Bretagne und vermutlich einigen weiteren Gegenden Europas haben sich Buchweizengerichte erhalten.

In Polen, Russland und anderen östlichen Regionen erfreuen sich Buchweizengerichte einer ungebrochenen Beliebtheit. Auch weiter östlich gibt es traditionelle Buchweizengerichte und -gebäck. So backt man in Indien Chapatis und Rotis auch aus Buchweizen. In China schätzt man neben Nudeln auch eine Art Gelee aus Buchweizen. Für Japaner schließlich sind die Buchweizennudeln sogar ein Nationalgericht und in aller Munde.

Buchweizen in der postmodernen Küche

In der modernen Küche gesellt sich nun einiges Neues hinzu. So entdeckte ich auf spanischen Websites diverse ansehnliche Buchweizenbrote und Risotto-Gerichte mit Buchweizen. Es gibt neue Produkte wie Buchweizenpops. Körniger Buchweizen wird als Beilage kombiniert, als Fülle für geschmorte Gemüse verwendet. Brownies, Bisquit, karamellisierter Buchweizen … auch eine große Auswahl von süßen Speisen ist online verfügbar. Und natürlich werden tradierte Rezepte neu interpretiert. Es geht weg von der fetten Landarbeiterkost hin zu leichteren, eleganteren Versionen. Auch das Buchweizenkraut wird regional als Gemüse geschätzt.

Freilich ist das vielfach nicht sprachbarrierefrei, so dass ich mich im Beitrag Buchweizen in der Küche (noch nicht verfügbar) der Zubereitung widme.

 

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